«Sektor-Rotation setzt sich fort – Value-Aktien im Vorteil» Matthias Wirz, Leiter Anlagestrategie und Vermögensverwaltung, Partner
In der Berichtswoche sind die weltweiten Aktienmärkte in eine technisch überfällige Konsolidierungsphase eingetreten. Dabei setzt sich die Outperformance europäischer Aktienindizes gegenüber den amerikanischen Börsen fort. Während der Euro Stoxx 50 und der SPI seit Anfang Jahr um 11% resp. 10% anstiegen, legte der Dow Jones nur um 1.6% zu, der S&P 500 und Nasdaq verloren sogar 0.5% resp. 4.0%.
Insbesondere die Schwäche des Technologiesektors mit den letztjährigen Überfliegern NVDA, APPL, MSFT, AMZN, GOOG, META, TESLA – den sogenannten «Magnificent 7» - belastet aufgrund seiner hohen Gewichtung den S&P 500. Auch die überaus positiven Quartalszahlen von Nvidia, die zudem positiv überraschten und einen konstruktiven Ausblick beinhalteten, konnten die Stimmung der Marktteilnehmer nicht aufhellen. Allein NVDA verlor in der Berichtswoche fast 11%. Dazu beigetragen hat möglicherweise auch die Drohung Trumps, die angekündigten Zölle in Höhe von 25% auf Importe aus Mexiko, Kanada und der EU, sowie ein zusätzlicher 10%-Zoll auf chinesische Importe am 4. März zu aktivieren. Entsprechend verkürzt sich das Zeitfenster für erfolgreiche Verhandlungen erheblich, sodass die Finanzmärkte mit einer Erstarkung des USD, fallenden Langfristzinsen und einer - bisher noch überschaubaren - Korrektur an den Aktienmärkten reagiert haben.
Inzwischen gewinnt in den USA wieder die These einer möglichen Konjunkturab-schwächung an Bedeutung, teilweise begründet in der 10-jährigen Staatsanleiherendite (Treasury), welche sich innert Monatsfrist von 4.65% auf 4.25% zurückgebildet hat. Fundamental betrachtet gibt es zwar infolge des sinkenden Konsumentenvertrauens, des fallenden Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektors (ISM) sowie der Zunahme der Erstanträge auf Arbeitslosengeld im Januar einige Argumente für eine Abkühlung der Wirtschaftsaktivität. Andererseits scheint sich gegenwärtig die seit Monaten darbende Industrie zu erholen, wie der ISM für die Industrie mit einem Anstieg von 49.2 auf 50.9, und damit über die für Expansion und Kontraktion entscheidende Schwelle von 50, signalisiert. Desgleichen zeigen die Bestellungseingänge für langlebige Konsumgüter keine rezessiven Tendenzen, wenngleich die monatlichen Zuwachsraten mit 0.0% im Januar und 0.1% im Dezember kaum Dynamik signalisieren.
Der fallende Zinstrend am Obligationenmarkt wird ausserdem getrieben durch Hoffnungen auf ein frühzeitiges Ende des Bilanzabbaus der amerikanischen Notenbank (FED) und mögliche regulatorische Lockerungen des Bankensektors, welche zu einer Zunahme der Nachfrage nach Staatsanleihen führen könnte. Eher zu früh scheint die Annahme zu sein, dass die neugeschaffen Effizienzbehörde DOGE rasch signifikante Sparmassnahmen im Staatshaushalt erzielen kann.
Mit welch hoher Kadenz die Regierung Trump zurzeit Massnahmen und Projekte vorantreibt, zeigt auch die jüngste Haushaltsvorlage im Repräsentantenhaus, welche eine knappe Mehrheit erreichte. Dabei sind über die kommenden 10 Jahre USD 4’500 Mrd. USD an Steuersenkungen und USD 2’000 Mrd. an Ausgabenkürzungen (vor allem im Sozialbereich) geplant. Gemäss ersten groben Schätzungen dürften deshalb die Schulden bis 2034 um mindestens USD 2’800 Mrd. zunehmen. Die Vorlage wird nun an den Senat überwiesen und weiter ausgearbeitet. Steigende Haushaltsdefizite könnten künftig auch in den USA zu höheren Realrenditen bei langlaufenden Anleihen führen.
In Europa herrscht nach den Wahlen in Deutschland weitestgehend Einigkeit, dass die Verteidigungsausgaben in den kommenden Jahren massiv gesteigert werden müssen, um eine gewisse Abschreckungswirkung gegenüber Russland zu erzielen. Hingegen wird um die Finanzierung heftig gestritten, wobei es ohne neue Schulden kaum gehen wird. In Anbetracht der gewaltigen Summen könnte die Lösung möglicherweise in der wiederum gemeinschaftliche Schuldenaufnahme – ähnlich wie beim EU-Wiederaufbaufonds – liegen. Erste Schätzungen gehen von einer Ausweitung der Verteidigungsausgaben in der EU in der Höhe von EUR 250 Mrd. pro Jahr aus! Es ist deshalb anzunehmen, dass die bereits teilweise hohen Budgetdefizite der EU-Länder weiter anschwellen werden.
In der Asset Allokation bleiben wir in Aktienanlagen zu Lasten Obligationen und Liquidität unverändert übergewichtet. Ausserdem ist davon auszugehen, dass sich die Sektor-Rotation aus Wachstums- (Growth) in Substanzaktien (Value) fortsetzen wird. Da Value im Gegensatz zu Growth nicht übermässig hoch bewertet ist, weist der breite US-Markt ausserhalb der «Magnificent 7» weiterhin Kurspotential aus. Das gilt für den Dow Jones oder gleichgewichteten S&P 500, vor allem aber in Europa für den Stoxx 600, FTSE 100 und den SMI. Zusätzlich stützen grundsätzlich fallende Langfristzinsen die Aktienmärkte, sodass die gegenwärtige Korrekturphase kaum lange anhalten sollte Bei den Rohstoffanlagen ist für Gold nach der fulminanten Rallye der letzten Monate mit einer Konsolidierung zu rechnen. Die Energiepreise wiederum sind aufgrund der Waffenstillstandsbemühungen in der Ukraine und den periodisch aufflammenden Konjunkturängsten in den USA unter Druck und dürften sich kaum schnell erholen.
Obligationen: Untergewichtung; 4 – 8-jährige Laufzeiten bevorzugen
Aktien: Übergewichtung, USA, UK und Schweiz bevorzugen
Währungen: USD/CHF über 0.86 absichern und EUR/CHF über 0.96 absichern
Rohstoffe: Industriemetalle, Energie übergewichten
Edelmetalle: Gold übergewichten; Goldminenaktien attraktiv
Immobilien: Übergewichtung (Anlagestiftungen, Immobilienfonds)
Transaktionen: Aktien: - ; Obligationen: -
Sektoren: Übergewichtung Versorger, Nicht-Zyklischer Konsum, Gesundheit
Matthias Wirz, 28. Februar 2025