Neuerlicher Anstieg der Inflationsrate in den USA

  • Nachdem sich die Inflationsrate in den USA seit dem Höhepunkt bei 9.0% im Juni 2022 relativ zügig bis auf 3% im Juni 2023 zurückbildete, verharrt diese seither hartnäckig bei über 3%.
  • Folglich sind die langfristigen Staatsanleiherenditen seit Anfang Jahr in den USA und Deutschland wieder um rund 0.4% angestiegen und wiederspiegeln damit die zunehmende Verunsicherung der Marktteilnehmer über die künftige Geldpolitik er Notenbanken.
  • Aufgrund der mittlerweile hohen Bewertungen an den Aktienmärkten könnte in den nächsten Wochen eine Konsolidierung eintreten.
Matthias Wirz
«Das Inflationsziel der amerikanischen Notenbank (FED) von 2% rückt in weite Ferne.» Matthias Wirz, Leiter Anlagestrategie und Vermögensverwaltung, Partner

Nachdem sich die Inflationsrate in den USA seit dem Höhepunkt bei 9.0% im Juni 2022 relativ zügig bis auf 3% im Juni 2023 zurückbildete, verharrt diese seither hartnäckig bei über 3%. Ein weitergehender Rückgang dürfte vorerst nicht eintreten, wie die den Verbraucherpreisen vorgelagerten Produzentenpreise andeuten.


Aktuelle Situation

Die Produzentenpreise verzeichneten im Februar einen über Erwarten (0.3%) starken Anstieg von 0.6% im Monatsvergleich, verursacht vor allem durch höhere Energie- und Nahrungsmittelpreise. Aber auch die Kernrate ohne die genannten volatilen Komponenten erhöhte sich um 0.3% mehr als erwartet (0.2%). Damit wurde der stärkste Anstieg seit sechs Monaten ausgewiesen, weshalb sich immer mehr abzeichnet, dass das Inflationsziel der amerikanischen Notenbank (FED) von 2% in weite Ferne gerückt ist. Einzig der vom FED besonders beachtete Konsumausgaben-Deflator (PCE-Deflator) notiert auf gleitender Dreimonatsbasis mit 2.2% (annualisiert) nahe am Zielbereich des FED. Aber auch in Anwendung dieses Inflationsmasses kommen die erhöhten Teuerungsraten höchst ungelegen, weil einige Teilkomponenten wie zum Beispiel markant höhere Preise für Flugtickets oder Finanzdienstleistungen einfliessen. 

 

Entsprechend bleibt die Nervosität an den Obligationen- und Aktienmärkten erhöht, wobei die Marktteilnehmer ihre Erwartungen bezüglich künftiger Leitzinssenkungen auf der Zeitachse sukzessive nach hinten verschieben. Zurzeit sind auf dem Geldmarkt bis Ende Jahr noch drei Leitzinssenkungen à 0.25%, beginnend im Juni, eingepreist. Es ist davon auszugehen, dass eine Verschiebung oder Kürzung der Leitzinssenkungen des FED infolge erneuter Teuerungsschübe die Finanzmärkte nicht wesentlich beunruhigen dürfte. Ganz anders wäre die Situation einzuschätzen, wenn sich die Inflationsrate auf allen Ebenen weiter beschleunigen sollte. In diesem Fall könnte das FED Leitzinssenkungen in diesem Jahr ganz auslassen und spät ins nächste Jahr verschieben. Auf ein solches Negativ-Szenario sind Anleihe- und Aktienmärkte nicht vorbereitet, sodass entsprechend mit erheblichen Kursverlusten zu rechnen wäre. Gewiss ist diesem Szenario gegenwärtig noch immer eine geringe Wahrscheinlichkeit zuzuordnen, wohingegen wir dem Hauptszenario mit einer sich abschwächenden Weltwirtschaft und sinkendem allgemeinen Teuerungsdruck (Soft-Landing-Szenario) unverändert die höchste Eintretenswahrscheinlichkeit geben.

 

Der zuletzt spürbar angestiegene Ölpreis könnte ebenfalls über höhere Inflationserwartungen für Verstimmung an den Finanzmärkten sorgen. Die internationale Energieagentur (IEA) warnte, dass ab dem zweiten Quartal ein Defizit in der Ölversorgung anstehen wird, falls die OPEC+ ihre reduzierten Förderquoten beibehalte. Der Ölpreis ist danach nach oben ausgebrochen und notiert seither deutlich über USD 80 pro Barrel. Auf diesem Preisniveau werden in den kommenden Monaten günstige Basiseffekte entfallen und zu einem unweigerlichen Anstieg der Teuerungsraten führen.

 

Folglich sind die langfristigen Staatsanleiherenditen - nach dem ausgeprägten Rückgang im 4. Quartal 2023 - seit Anfang Jahr in den USA und Deutschland um rund 0.4% angestiegen und wiederspiegeln damit die zunehmende Verunsicherung der Marktteilnehmer über die künftige Geldpolitik der Notenbanken. Es ist deshalb umso erstaunlicher, dass sich die Kreditrisikoprämien in der Eurozone gegenüber Deutschland derart verringert haben. Eine These könnte lauten, dass die Spread-Einengung mehr in den politischen und strukturellen Problemen Deutschlands begründet ist, als in den stabilitätspolitischen Fortschritten der übrigen schuldenbelasteten Ländern (Italien, Frankreich, Spanien und Portugal) in der Eurozone.  

 

Trotz reduzierten Zinssenkungserwartungen durch das FED und eines stärkeren USD nähert sich der Goldpreis erneut den jüngsten Höchstpreisen an. Dadurch gewinnt die These an Gewicht, dass der Anstieg des Goldpreises in den vergangenen Monaten nicht auf zunehmende Inflationserwartungen, sondern vor allem auf Zentralbankenkäufe Chinas und Russlands zurückzuführen ist. 


Unsere Empfehlung

Aufgrund der mittlerweile hohen Bewertungen an den Aktienmärkten, vor allem an der Technologiebörse Nasdaq, könnte in den nächsten Wochen eine Konsolidierung eintreten. Jedoch muss berücksichtigt werden, dass die hohe Bewertung des S&P 500 durch die Indexschwergewichte Meta, Amazon, Microsoft, Apple und Alphabet (MAMAA) sowie Nvidia verzerrt wird. Der gleichgewichtete S&P 500 ist demgegenüber noch nicht als überbewertet einzustufen. Das Gleiche gilt für den Schweizer Aktienmarkt, weshalb die Übergewichtung der Aktienanlagen vorerst beibehalten wird. 

Taktische Positionierung

Obligationen: Untergewichtung; kurze und mittlere Laufzeiten bevorzugen, Unternehmensanleihen übergewichten
Aktien: Leichte Übergewichtung; Schweiz, USA und UK übergewichten; Japan, Schwellenländer und Europa neutral gewichten
Währungen: USD/CHF über 0.88 absichern und EUR/CHF über 0.96 absichern
Rohstoffe: Industriemetalle, Energie übergewichten
Edelmetalle: Gold übergewichten; Silber und Platin neutral
Immobilien: Übergewichtung (Anlagestiftungen, Immobilienfonds)
TransaktionenAktien:  ; Obligationen: 2.22% ALDFP 2029
Sektoren: Übergewichtung Gesundheit, nicht zyklischer Konsum, US Tech-Megacaps
Themen: Basismetalle und Energie

Matthias Wirz, 15. März 2024