Olaf Zehnder im Interview mit Dr. Thomas «Thomi» Schweizer (TS), Schreiber I E.E. Zunft zum Goldenen Stern und Dr. Stéphane Haller (SH), toppharm Apotheke Gellert, Zunftbruder E.E. Zunft zum Goldenen Stern
Obwohl an jedem Weihnachtsmarkt Glühwein ausgeschenkt wird, kann die Stadt Basel mit einem eigenen Gewürzwein aufwarten: dem Hypokras. Das erste schriftliche Zeugnis davon aus der Schweiz, das noch erhalten ist, stammt aus dem Jahr 1487. Gewürzte Weine gehörten aber in Basel schon lange vorher zur Tischkultur. Bereits um 400 nach Chr. soll ein Gewürzwein in Basler Rezeptsammlungen aufgetaucht sein. Diesem wurde lange Zeit auch eine gesundheitsfördernde Wirkung nachgesagt. Das ist insofern richtig, da das Trinkwasser früher nicht sauber war und man von alkoholhaltigen Getränken nicht krank wurde. Den Namen soll der Hypokras aufgrund seiner heilenden Kräfte vom berühmten Mediziner aus Kos, dem Hippokrates, erhalten haben.
TS: Unser hochgeschätzter Alt-Meister Ernst Mollet hatte die Idee, eine «Aadringgede» durchzuführen. Das Zunftspiel wurde an das Winzerfest in Twann eingeladen und dort sah er beim Festumzug, wie aus einem alten Brunnen bester Twanner Wein floss. Früher war es zudem üblich, dass die Zunftmeister nach dem Neujahrsgottesdienst im Münster den Münsterberg hinuntergingen und in ihren jeweiligen Zunftstuben den Zunftbrüdern das Neujahr anwünschten.
TS: Die Einführung der «Neijoorsaadringgede» fand zum ersten Mal am 1. Januar 1996 statt. Die Behörden und alle Einwohner der Stadt werden um 1100 Uhr zum Dreizackbrunnen unten am Münsterberg eingeladen.
TS: Ernst Mollet nahm damals mit dem Direktor der IWB Kontakt auf und seit dann wird diese Weinspendeanlage von der IWB am Dreizackbrunnen montiert.
TS: In den letzten Jahren wurde der Ansturm immer noch grösser, weshalb Ernst Mollet zur 21. Auflage 2016 die zweite Röhre gestiftet hat.
TS: Zunftbruder und Gellert Apotheker Stéphane Haller ist für die Herstellung des Hypokras zuständig. Er produziert ihn jeweils ein paar Tage vorher in seiner Apotheke.
SH: Praktisch zwei Wochen vor dem Anlass, also Mitte Dezember. Ich habe auch schon vier Wochen vorher angefangen, aber dann ist er schlecht geworden und ich musste nochmals von vorne anfangen.
Toppharm ist auch Weinimporteur und da habe ich in der Zunft Werbung gemacht. Und schon habe ich das Amt gefasst. Das war vor über 20 Jahren.
Diese Produktion ist exklusiv für den Zunftanlass vom 1. Januar.
SH: Früher machte ich jeweils 60 Liter, dann 80 und nun sind es 100 Liter. Das reicht etwa für eine Stunde, da es doch 1000 Portionen sind. Dazu offeriert die E. Zunft zu Metzgern die Wienerli und die E. Zunft zu Brotbecken die Schlumbi.
SH: Das habe ich innerhalb unserer Zunft erhalten, so quasi von Druide zu Druide…du kennst doch Miraculix?
SH: Das ist natürlich geheim, streng geheim!
TS: Es gibt doch bestimmt auch etwas anderes zu trinken? Leider ist Hypokras nicht meine grosse Leidenschaft…
Olaf Zehnder, 29. Dezember 2024