Leidenschaft: Weihnachtsbaumschmuck

Interview mit Johann Wanner

Wer kennt es nicht?  Das Weihnachtsbaumschmuckausstattungsgeschäft am Spalenberg. Ueber Basel's Grenzen hinaus bekannt und besonders in der Adventszeit voller Ueberraschungen. Lassen Sie sich im folgenden Interview mit dem Besitzer, Johann Wanner, in diese faszinierende Welt entführen...

Herr Wanner, Sie haben ja schon die ganze Welt mit Ihrem Weihnachtsbaumschmuck beliefert, vom Vatikan über europäische Adelshäuser bis hin zum Weissen Haus. Wie sind Sie auf die Idee gekommen, das Weihnachtshaus ins Leben zu rufen?

Ich war lange im Orient herumgereist und als ich zurück kam eröffnete ich hier in Basel ein Antiquitätengeschäft. Vor allem befasste ich mich mit alten Teppichen.
Eines Tages betrat ein Bankdirektor aus dem thüringischen Lauscha meinen Laden mit einem Karton mit altem Weihnachtsbaumschmuck aus Glas. Darüber freute ich mich ungemein, da es damals, in den 70er, diesen wunderbaren Christbaum meiner Kindheit nicht mehr gab.

Sie müssen wissen, dass auch der Weihnachtsbaumschmuck der Mode unterworfen ist…

Also, so stellte ich diesen Glasschmuck in meinem Schaufenster aus und in Kürze war alles verkauft. Dann wusste ich es: dies ist meine Leidenschaft. Sodann reiste ich nach Thüringen und in den Böhmerwald, um nach Glasbläsern zu suchen, welche ihr Handwerk noch verstanden. Das war ja damals alles noch DDR und nicht so einfach, dort einzukaufen. --- So musste ich das Regime überzeugen, dass sich Geschäfte mit mir lohnen und der Christbaumschmuck wurde dann als Kulturgut deklariert. Somit erhielt ich eine exklusive Ausfuhrgenehmigung.

Und dann ging es richtig los: Schon am Anfang liess ich rund 500 000 Kugeln in Thüringen fertigen.

1989 kam die Wende und die erleichterte mir natürlich das Einkaufen. Zusätzlich kam noch ein Glücksfall dazu: Die staatliche Aussenhandelsgesellschaft in der früheren Tschechoslowakei, welche den Handel mit dem Westen abwickelte, wollte ihr Archiv mit den schönsten Weihnachtskugeln aus fast 50 Jahren wegwerfen! Das sollte natürlich nicht passieren und ich kaufte alles für einen Schleuderpreis auf. Zwei Güterwagen voll gelangten so nach Basel.

Wie sah Ihr Sortiment ganz am Anfang aus?

Es sind alles kitschige Sachen gewesen. Wobei Kitsch für mich kein Schimpfwort ist. Ich liebe Kitsch. Es war der Schmuck meiner Kindheit: Vögeli, Santikläusli und Kugeln. Die Formen, welche wild am Weihnachtsbaum gehangen waren, gabs natürlich nicht mehr, aber ich konnte sie in meinem Weihnachtshaus wieder zum Leben erwecken. Damals in den 60er und anfangs 70er war der skandinavische Stil gefragt: Strohsterne, rote Kerzen und Holzsachen.

Und wie sieht die Zusammensetzung heute aus?

Wir haben Kugeln in über 900 Farben und Modellen, dazu alles, was das Herz an Motiven begehrt. Wieviel es wirklich ist, weiss ich nicht. Ich zähle nicht. Aber was Sie bei mir nicht finden - werden Sie nirgends finden. Und auf die Schnelle kann man bei mir nichts kaufen. Das ist wie ein Film der zu schnell abläuft. Es fängt an zu flimmern. Man muss sich leiten lassen und die Themen auf sich wirken lassen – das erzeugt eine Synergiewirkung.

Bekanntlich ist Ihnen die Qualität Ihres Weihnachtsbaumschmucks sehr wichtig. Wo lassen Sie den Baumschmuck heutzutage produzieren?

Der traditionsreiche Schmuck, welchen wir ausschliesslich anbieten, kommt aus Polen, Tschechien und Deutschland. Zusätzlich werden in China Seiden- und Brokatbänder gewebt.

Es gibt zwar auch viel Glas aus China, aber das verkaufen wir nicht. Glas und Qualität ist uns sehr wichtig. Und wenn der Schmuck in meinem Laden ist, erhält er nicht eine Artikelnummer, sondern einen Namen oder sogar einen Spitznamen. Wer in meinem Laden arbeitet, kennt all diese Namen!

Lassen Sie auch in Schweizer Glasbläsereien produzieren?

Ja, in Küsnacht gibt es eine Glasfabrik, welche hauptsächlich durchsichtige Glaskugeln herstellt.

Sicherlich haben Sie schon so Einiges erlebt. Gibt es spezielle Erlebnisse, welche Sie geprägt haben?

Ja, da gibt es jeden Tag neue. Meistens haben sie mit der Vergangenheit zu tun, mit älteren Menschen oder das Staunen der jungen Leute oder wenn ein Kind fassungslos vor Entzücken in meinem Geschäft steht… und es muss immer möglich sein, dass sich ein Kind bei mir etwas für sein Taschengeld kaufen kann.

Weihnachtsbaum schmücken ist ja auch ganz eng mit der Geschichte des Weihnachtsbaums verwoben. Können Sie uns etwas über dessen Geschichte erzählen?

Schon die Kelten schmückten rituell die Bäume im Wald, welche im Winter ihre Blätter nicht abwarfen. So hat sich das dann weiterentwickelt. Das erste offizielle Dokument fand man 1419 bei der, noch heute existierenden, Freiburger Bruderschaft der Bäckerknechte. Hier wurde ausdrücklich vermerkt, dass man einen Baum im örtlichen Heilig-Geist-Spital gesehen habe, der an Weihnachten aufgestellt worden war und mit Aepfeln, Oblaten, Lebkuchen und Flittergold verziert wurde.

Johann Wanner in seinem Weihnachtsbaumschmuckausstattungsgeschäft
Johann Wanner in seinem Weihnachtsbaumschmuckausstattungsgeschäft

Zurück zur Gegenwart: Wie sehen Sie grundsätzlich die Entwicklung des Weihnachtsbaumschmuckaustattungsgeschäfts?

Es ist eine verrückte Zeit, in welcher wir gerade leben. Politisch gesehen ist alles sehr unsicher. Und gerade in solchen Zeiten wünschen sich die Menschen „Stubigkeit“, Ruhe und Frieden. Das hilft dem Weihnachtsgeschäft ungemein. Ich kann jedoch keine Prognosen stellen……
Allgemein habe ich den Eindruck, dass wir, wenn wir nicht aufpassen, mit der KI drein laufen könnten und ich denke, dass die KI noch in Konkurrenz kommt mit unserem Denken…Ich habe Alex Huxley „schöne neue Welt“ gelesen und so langsam wird dies zur Realität….Es ist aber auch erfreulich, wie die jungen Leute sich heute engagieren und überhaupt gibt es viele  Menschen, welche sich für das Gute einsetzen.

Sicher können Sie uns zum Abschluss dieses Interviews noch ein paar Profi-Tipps zur Dekoration des Weihnachtsbaumes geben…

Nehmen Sie sich Zeit! Achten Sie auf eine ruhige Ambiance. Dekorieren Sie von oben nach unten und von hinten nach vorne. Die grossen Kugeln zuerst, die kleinsten zuletzt. Drei Farben im Verhältnis 60/30/10 bei zwei Farben 70/30. Die beliebtesten Farben sind immer noch rot und silber.

Ich persönlich schmücke den Weihnachtsbaum immer am Sonntag vor Weihnachten mit einem guten Glas Wein und guter Musik!

Herr Wanner, vielen herzlichen Dank für dieses spannende und inspirierende Gespräch. Wir wünschen Ihnen, Ihrem Team und der Leserschaft besinnliche und frohe Weihnachten!

Nicole Biri, 16. Dezember 2024