«Die Wahrscheinlichkeit einer globalen Rezession hat sich markant erhöht.» Matthias Wirz, Leiter Anlagestrategie und Vermögensverwaltung, Partner
Seit der Ankündigung des US-Präsidenten Donald Trump am «Liberation Day», die Zölle für Importe aus vielen Ländern einzuführen resp. bestehende zu erhöhen, haben die weltweiten Aktienmärkte über 10% verloren, einer der höchsten Verluste in einer so kurzen Zeitperiode in den letzten 50 Jahren.
Obwohl die Erhebung von generellen Importzöllen von 10% und die zusätzlichen, länderspezifischen reziproken Zölle erwartet wurden, hat das Ausmass die Marktteilnehmer negativ überrascht. So wird China darüber hinaus mit 34%, die EU mit 20% und die Schweiz mit 31% belastet. Inzwischen ist klar geworden, worauf die Höhe der reziproken Zölle beruht: der Quotient aus Handelsdefizit und Importe (aus einem Land gegenüber den USA) geteilt durch zwei. Die Wissenschaft bezeichnet die Formel als stark vereinfacht und methodisch fehlerhaft. Unberücksichtigt bleibt dabei die Dienstleistungsbilanz: In dieser verzeichnen die USA gegenüber seinen wichtigsten Handelspartnern wie der EU, China und Kanada erhebliche Überschüsse, sodass die die gesamte Aussenbilanz deutlich weniger negativ ist als von der US-Regierung suggeriert.
Nachdem China ankündigte, als Vergeltung neu Zölle von 34% auf alle US-Güter zu erheben, setzte sich die Korrektur an den Finanzmärkten fort. Gleichzeitig sprang der Volatilitätsindex (VIX) auf zwischenzeitlich über 50% und zog auch die Risikoprämien für Unternehmensanleihen mit in die Höhe. Derweil hat die Regierung Trump China erneut zusätzliche Zölle von 50% auferlegt, auf eine Gesamthöhe von 104%. Darauf reagierte China wiederum mit einer Erhöhung auf insgesamt 84%, womit der Handelsstreit definitiv zu einem handfesten Handelskrieg eskaliert.
Während sich die Aktienmärkte in den USA mit Kursverlusten von 15% des S&P 500 und 21% beim Nasdaq seit Anfang Jahr bereits nahe an einem «Bärenmarkt» befinden, hat die Flucht der Investoren – wie fast immer in solchen Perioden - in sichere Anlagen wie dem CHF, JPY, risikolose Staatsanleihen und Cash begonnen. Entsprechend verzeichneten neben Aktienanlagen auch die übrigen risikotragenden Anlagekategorien (u.a. High Yield- und Emerging Market Bonds) grössere Verluste. Während die europäischen Aktienmärkte in der Berichtsperiode ebenfalls zweistellige Verluste erlitten, sind es seit Anfang Jahr bisher «nur» 7%.
Importzölle in der genannten Höhe lösen einen Angebotsschock ähnlich der Corona-Pandemie 2020 oder den Erdölkrisen 1973/74 und 1979/80 aus, in deren Folge sich das globale Wachstum deutlich zurückbildete und die Teuerung stark zunahm. Der Schaden für die Weltwirtschaft dürfte deshalb enorm sein, sollten sich keine Verhandlungslösungen ergeben. Eine anhaltende Unsicherheit über die weitere Entwicklung des Handelskriegs wird weltweit die Investitionstätigkeit der Unternehmen und die Konsumnachfrage der privaten Haushalte dämpfen und mit zunehmender Dauer die Wahrscheinlichkeit einer globalen Rezession markant erhöhen.
Es ist anzunehmen, dass die Zentralbanken bereits zeitnah ihre Leitzinsen senken werden, um dem Konjunkturabschwung entgegenzuwirken. Sinkende Inflationserwartungen werden ihnen bei der Entscheidungsfindung helfen, obwohl sich die aktuellen Teuerungsraten in den meisten Ländern noch über dem Ziel von 2% befinden. Vor allem das FED dürfte aufgrund seines dualen Auftrags, welcher neben einer tiefen Inflationsrate auch Vollbeschäftigung umfasst, bereits in den kommenden Wochen den Leitzinssatz reduzieren.
Noch zeigt sich der FED-Vorsitzende Jerome Powell diesbezüglich vorsichtig und abwartend, gewiss auch um mehr Klarheit über die Dauerhaftigkeit und Höhe der Zölle zu haben.
Das Festhalten an der langfristigen Anlagestrategie ist Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche Vermögensverwaltung. Dazu gehört auch das «Rebalancing», also das disziplinierte und prognosefreie Zurückführen der aktuellen Gewichtungen der verschiedenen Anlagekategorien an die ursprüngliche Positionierung. Da die hohen Kursverluste in gemischten Portfolios in einer deutlich tieferen Aktienquote resultieren, ist ein Zukauf von Aktienanlagen zu empfehlen. Hierfür dürfte der Zeitpunkt nicht ungünstig sein, weil die Aktienmärkte gleichzeitig technisch auf stark ausverkauften Niveaus notieren. Ferner zeigt die Zeitreihenanalyse, dass nach extremen Kursverlusten in kurzer Zeit, verbunden mit einer Volatilität über 50%, in den Folgemonaten überdurchschnittliche Erträge zu erwarten sind. Hierbei stehen vor allem US-Aktien und Schweizer Werte im Vordergrund.
Neben fallenden Zinsen könnte auch der Beginn der Berichtssaison in den USA für das 1. Quartal die Finanzmärkte kurzfristig etwas beruhigen. Obgleich aufgrund des Handelskriegs allgemein mit sinkenden Gewinnwachstumsraten zu rechnen ist, erwartet der Markt noch immer ein Anstieg von 5% für die Unternehmen des S&P 500. Die grossen Technologieunternehmen sind dabei mit 11% weiterhin die Zugpferde, wenngleich mit nachlassender Dynamik.
Obligationen: Untergewichtung; 4 – 8-jährige Laufzeiten bevorzugen
Aktien: Neutral; Rebalancing
Währungen: USD/CHF über 0.86 absichern und EUR/CHF über 0.96 absichern
Rohstoffe: Industriemetalle und Energie neutral gewichten
Edelmetalle: Gold übergewichten; Goldminenaktien attraktiv
Immobilien: Übergewichtung (Anlagestiftungen, Immobilienfonds)
Transaktionen: Aktien: Kauf ROG, CFR, SREN, NESN, ALC, SLHN ; Obligationen: -
Sektoren: Übergewichtung Versorger, Nicht-Zyklischer Konsum, Gesundheit
Matthias Wirz, 09. April 2025