«Trotz anhaltender geopolitischer Spannungen setzte sich in der Berichtswoche die Erholung an den Aktienmärkten fort. » Matthias Wirz, Leiter Anlagestrategie und Vermögensverwaltung, Partner
Trotz anhaltender geopolitischer Spannungen setzte sich in der Berichtswoche die Erholung an den Aktienmärkten fort. Während der MSCI-Weltindex inzwischen nur noch 3% unter dem Allzeit-Höchststand von Mitte Juli notiert, ist der japanische Markt, gemessen am Nikkei noch immer zweistellig im Minus. Die eher defensiven Marktindizes Dow Jones, FTSE und SMI haben die Verluste im Monatsvergleich bereits beinahe wieder wettgemacht. Tatsächlich dürfte der Rückschlag an den Aktienmärkten im Juli eine in einem haussierenden Markt nicht unübliche Korrektur darstellen, in einigen Ländern und Sektoren sogar nur eine Konsolidierung auf hohem Niveau.
Selbst die zunehmende Kriegsgefahr im Nahen Osten führte bisher nicht zu erhöhter Volatilität und deutlich steigenden Energiepreisen. Möglicherweise könnte ein Angriff des Irans und seiner Verbündeten auf Israel dennoch ein kräftiger Anstieg des Ölpreises auslösen und die risikotragenden Anlagekategorien verzögert belasten.
Der zweifellos stärkste Treiber für die globalen Aktienmärkte bilden die fallenden Zinsen über das gesamte Laufzeitenspektrum in den USA. Während die Rendite der 10-jährigen USD-Staatsanleihen (Treasury) im Monatsvergleich um 0.42% von 4.25% auf 3.83% sank, bildete sich die 2-jährige Treasury-Rendite mit 0.50% noch stärker zurück. Die übrigen Anleihenmärkte in Europa und Asien verzeichnen aufgrund der hohen Korrelation der Obligationenmärkte eine ähnliche Entwicklung. Die Marktteilnehmer gehen somit von einer sich deutlich abschwächenden Konjunktur und weiterhin fallenden Teuerungsraten aus, wodurch sich (weitergehende) Leitzinssenkungen der Notenbanken aufdrängen. Inzwischen erwartet der Geldmarkt im September eine erste Leitzinssenkung der amerikanischen Notenbank (FED) von mehr als 0.25%. Zu Recht wie die Mehrheit der zuletzt veröffentlichten Konjunkturdaten zeigt, wobei vor allem der Industriesektor nicht nur in den USA, sondern weltweit in einer Rezession feststeckt. Hingegen hellte sich die Stimmung im zuletzt ebenfalls schwächelnden Dienstleistungssektor wieder auf und sichert mit seinem hohen Gewicht voraussichtlich die «weiche Landung» der Weltwirtschaft.
Der nachlassende Inflationsdruck in den USA, gemessen an den Produzenten- und Konsumentenpreisen, ist das zweite starke Argument für eine Zinswende des FED im September. Die Konsumentenpreise stiegen wie vom Konsens erwartet mit jeweils +0.2% im Juli für die Gesamt- und die Kernrate an. Einzig die Wohnkosten (Mieten) verharren mit +0.4% hartnäckig auf zu hohem Niveau. Insgesamt befindet sich die Inflationsrate mit annualisiert 2.4% jedoch auf einem eindeutig sinkenden Pfad und nähert sich rasch dem FED-Zielwert von 2% an. Ob das FED den Leitzins um 0.25% oder gar um 0.50% senkt, wird massgeblich vom nächsten Arbeitsmarktbericht Anfang September abhängen. Gegebenenfalls wird das Symposium der Notenbanken in Jackson Hole nächste Woche mehr Klarheit über den geldpolitischen Kurs des FED schaffen.
Der Anstieg des Goldpreises auf einen neuen Rekordstand von USD 2'470 dürfte neben den geopolitischen Spannungen und den Erwartungen auf die Leitzinswende in den USA vor allem auf die anhaltenden Käufe der Zentralbanken Chinas, Russlands und Indiens zurückzuführen sein. Zuletzt nahm ausserdem die Nachfrage nach Gold ETFs kräftig zu. Entsprechend dürfte der Goldpreis auch in den kommenden Monaten weiter anziehen. Davon werden auch die Goldminenunternehmen profitieren, welche im Vergleich zu physischem Gold und anderen Aktienmarktsektoren attraktiv bewertet sind.
In der taktischen Anlagestrategie halten wir unverändert an der Übergewichtung der Aktienanlagen fest. Darüber hinaus prüfen wir einen weiteren Ausbau der Aktienquote, nachdem sich die Bewertungen infolge der Korrektur wieder «normalisiert» haben. Im Weiteren bieten die oben beschriebenen (fallenden) Zinserwartungen und die sich verbessernden Gewinnaussichten der Unternehmen ein günstiges fundamentales Umfeld für Aktien und für Unternehmensanleihen. Dabei zeigt die Zinskurvenanalyse in USD, EUR und CHF, dass Obligationen mit Laufzeiten zwischen 5 und 8 Jahren das beste Risiko-Ertragsprofil ausweisen.
Obligationen: Untergewichtung; Ausbau Unternehmensanleihen: 5 - 8jährige Laufzeiten bevorzugen, Durationverlängerung
Aktien: Übergewichtung
Währungen: USD/CHF über 0.88 absichern und EUR/CHF über 0.96 absichern
Rohstoffe: Industriemetalle, Energie übergewichten
Edelmetalle: Gold übergewichten; Goldminenaktien attraktiv
Immobilien: Übergewichtung (Anlagestiftungen, Immobilienfonds)
Transaktionen: Aktien: -; Obligationen: 1.20% Swisscom 2035
Sektoren: Übergewichtung Gesundheit, nicht zyklischer Konsum, Versorger
Matthias Wirz, 16. August 2024