«Die Regierung Trump wird eine Vielzahl ihrer Projekte in den nächsten zwei Jahren bis zu den Zwischenwahlen durchbringen können. » Matthias Wirz, Leiter Anlagestrategie und Vermögensverwaltung, Partner
Mit der mittlerweile gesicherten republikanischen Mehrheit im Repräsentantenhaus gelingt Trump der bis vor kurzem als unmöglich gehaltene Durchmarsch in beiden Kammern des amerikanischen Kongresses. Entsprechend wird die Regierung Trump eine Vielzahl ihrer Projekte in den nächsten zwei Jahren bis zu den Zwischenwahlen («Midterms») durchbringen können. Dannzumal wird ein Drittel des Senats und das gesamte Repräsentantenhaus neu gewählt. Dieser Rhythmus ist Teil der «Check & Balances» im amerikanischen Wahlsystem, sodass die Wähler rasch auf eine fehlerhafte Regierungspolitik reagieren können.
Folglich wird die neue Regierung möglichst zeitnah ihre wichtigsten Anliegen durch den Kongress bringen wollen, um noch rechtzeitig vor den Midterms erste Erfolge ausweisen zu können. Das betrifft vor allem die Verlängerung der Einkommenssteuersenkung von 2017 über das ursprüngliche Ablaufdatum von 2025 hinaus, die geplante Steuersenkung für Unternehmen von 21% auf 15%, die höheren Importzölle, sowie die Deregulierung des Energie- und Finanzsektors und die Migrationsbeschränkungen. Dagegen dürfte die Absetzung von Jerome Powell als Vorsitzender der amerikanischen Notenbank (FED) nicht gelingen, da dieser bis 2026 vom Senat gewählt wurde und nur unter sehr einschränkenden Bedingungen abgesetzt werden kann. Ausserdem wäre damit ein massloser Eingriff in die Unabhängigkeit des FED verbunden, der bestehende Gesetze und Traditionen verletzen würde. Grundsätzlich ist nicht anzunehmen, dass die Regierung Trump uneingeschränkt leichtes Spiel haben wird, da auch in der Republikanischen Partei gemässigte Senatoren und Kongressabgeordnete vertreten sind. Angesichts der dünnen Mehrheit im Repräsentantenhaus genügen bereits einige wenige «Abweichler», um extreme Politikmassnahmen zu verhindern.
Die Aktien- und Anleihemärkte haben längst damit begonnen, die Auswirkungen der angedachten Wirtschaftspolitik einzupreisen. Das widerspiegelt sich im sogenannten «Trump-Trade»: die Steuersenkungen in diesem Ausmass werden zwar das Wirtschaftswachstum ankurbeln, gleichzeitig jedoch auch zu (noch) höheren Budgetdefiziten führen. Dadurch dürften mittelfristig die (realen) Staatsanleiherenditen anziehen. Demgegenüber werden die Unternehmensgewinne von tieferen Steuersätzen profitieren und die Aktienmärkte positiv beeinflussen. Darüber hinaus hat die positive Haltung Trumps gegenüber der «Krypto-Welt» den Bitcoin zeitweilig auf über USD 93'000 getrieben. Im Weiteren könnte die absehbar expansive Fiskalpolitik das FED zu einer vorsichtigeren Geldpolitik animieren, um die Inflationserwartungen im Zaun zu halten. Damit verbunden sind künftig möglicherweise weniger Leitzinssenkungen als vor den Wahlen erwartet, sodass der USD trotz seiner fundamentalen Überbewertung weiterhin zur Stärke neigen sollte. Diese Sichtweise wurde durch die jüngste Aussage des FED-Vorsitzenden Powell, dass es das FED in Anbetracht der guten Wirtschaftsentwicklung nicht eilig mit weiteren Zinssenkungen habe, unterstützt.
Die Teuerung stieg im Oktober wie erwartet um 0.2% an, doch verharrt die Kernrate mit 0.3% noch immer auf zu hohem Niveau. Mit Blick nach vorne sind die Inflationserwartungen aufgrund der expansiven Fiskalpolitik der Regierung Trump mit erheblichen Unsicherheiten verbunden. Während das FED im Dezember eine weitere Leitzinssenkung von 4.75% auf 4.5% vollziehen dürfte, ist der Zinspfad im nächsten Jahr daher weniger klar. Zwar signalisierte Powell nach der letzten FED-Sitzung weitere Zinssenkungen in Richtung des neutralen Niveaus von 3.5%-4.0%, um eine weitergehende Abkühlung des Arbeitsmarkts zu vermeiden. Die offenen Stellen sind denn auch im September auf den niedrigsten Stand seit Januar 2021 gefallen, und die Löhne nahmen so wenig zu wie zuletzt im 2. Quartal 2021. Nimmt die Teuerungsrate im Verlaufe des nächsten Jahres wider Erwarten zu, könnte das FED aber eine abwartende Haltung einnehmen.
Wir sind bis mindestens Ende Jahr zuversichtlich für die Aktienmärkte gestimmt, wobei die USA klar im Fokus stehen. Die (vorerst) fortgesetzte Lockerung der Geldpolitik und die geplante Steuersenkung sind die wesentlichen positiven Treiber in den nächsten Wochen. Dagegen ist die Bewertung des S&P 500 mit einem PE-Ratio von 25.2 auf ein historisch hohes Niveau (Durchschnitt über 10 Jahre: 20.0) angestiegen. Wie mehrfach erwähnt, gilt dies nicht gleichermassen für den breiten Markt, dargestellt im gleichgewichteten S&P 500, der ein PE von «nur» 20.1 (18.4) ausweist.
Auf dem Schweizer Aktienmarkt sind grosskapitalisierte Industrieunternehmen, welche in den USA produzieren und dort eine Vielzahl an Mitarbeitern beschäftigen, zu bevorzugen. Diese dürften von den geplanten Zöllen kaum betroffen sein, jedoch von den Steuersenkungen stark profitieren. Das gilt zum Beispiel für ABB und Holzim, aber auch für die Finanzwerte UBS, Zürich Versicherung und Swiss Re, welche darüber hinaus von der beabsichtigten Deregulierung profitieren sollten. |
Obligationen: Untergewichtung; Ausbau Unternehmensanleihen: 4 - 8jährige Laufzeiten bevorzugen
Aktien: Übergewichtung
Währungen: USD/CHF über 0.86 absichern und EUR/CHF über 0.96 absichern
Rohstoffe: Industriemetalle, Energie übergewichten
Edelmetalle: Gold übergewichten; Goldminenaktien attraktiv
Immobilien: Übergewichtung (Anlagestiftungen, Immobilienfonds)
Transaktionen: - Obligationen:-
Sektoren: Übergewichtung Technologie, Gesundheit, zyklischer Konsum
Matthias Wirz, 15. November 2024