«Die Inflationsrate befindet sich in der Schweiz bereits seit einigen Monaten im Zielbereich von 1%-2% und notierte zuletzt niedriger als von der SNB prognostiziert.» Matthias Wirz, Leiter Anlagestrategie und Vermögensverwaltung, Partner
Die Schweizerische Nationalbank (SNB) hat mit einer ersten Leitzinssenkung von 1.75% auf 1.50% die Finanzmärkte überrascht, da die deutliche Mehrheit der Ökonomen erst im Juni damit rechnete. Doch der Zinssenkungsschritt der SNB hätte die Ökonomen gewiss nicht völlig unvorbereitet treffen dürfen, da sich die Inflationsrate schon seit einigen Monaten im Zielbereich von 1%-2% befindet und zuletzt niedriger notierte als in der SNB eigenen Prognose angenommen wurde.
Ausserdem wertete sich der CHF bis Ende 2023 zeitweise kräftig auf, sodass sich einerseits der Disinflationsprozess beschleunigte, andererseits die Konjunktur merklich abkühlte. Insbesondere die Exportindustrie bekam den harten CHF zu spüren. Tiefere Zinsen und ein möglicherweise schwächerer CHF sind gute Neuigkeiten für klein- und mittelkapitalisierte sowie exportlastige Unternehmen, aber auch für den zuletzt schwächelnden Immobilienmarkt.
Der Zinssenkungsentscheid der SNB und der Beschluss des Offenmarkt-Komitees (FOMC) der amerikanischen Zentralbank (FED), den Leitzins unverändert bei 5.50% zu belassen, führte an den Aktienmärkten zu neuerlichen Kursgewinnen und in den USA zu wiederholten Allzeit-Höchstständen. Zwar sind die Konjunkturprognosen des FED angehoben worden, doch die Inflationserwartungen blieben trotz des gegenwärtigen Wiederanstiegs beinahe unverändert. Besonders positiv für die Aktien- und Anleihemärkte zu werten ist zudem die unveränderte Erwartung des FOMC auf drei Zinssenkungen bis Ende Jahr. Folglich hat die Wahrscheinlichkeit zugenommen, dass das FED die Zinswende im Juni einleiten wird. Gemäss dem FED-Vorsitzenden Jerome Powell soll das „quantitative Tightening“ - Verkäufe von Treasuries im Wert von monatlich USD 90 Mrd. - zunächst unverändert fortgesetzt werden, wobei der Umfang der Verkäufe zeitnah reduziert werden soll.
In Europa hat die EZB-Präsidentin Lagarde die Erwartung der Marktteilnehmer an den Beginn der Leitzinswende für den Juni bestärkt. Laut Lagarde werde damit jedoch kein zwangsläufiger Senkungspfad angeschoben, sondern die EZB verfolgt ihre Geldpolitik «datenabhängig und entscheide von Meeting zu Meeting». Würde sich die EZB ausschliesslich auf die Konjunkturindikatoren stützen, dann müssten Leitzinssenkungen hingegen unmittelbar bevorstehen. Der Einkaufsmanagerindex der Industrie signalisiert im März mit einem Wert von 45.7 nach wie vor eine Rezession. Einzig die Aufhellung im Dienstleistungsgewerbe von 50.2 auf 51.1 wird in Europa eine (tiefe) Rezession verhindern. Keine Hilfe ist dabei die äusserst zaghafte Erholung in Deutschland, das mittlerweile zum «Problemfall» in der Eurozone geworden ist. Der ifo-Geschäftsklimaindex verbessert sich immerhin leicht von 85.9 auf 87.7, freilich von historisch sehr tiefem Niveau ausgehend. Für die Unternehmen stellen vor allem die ausufernde Bürokratie und die masslose Steuerbelastung, sowie überhöhte Lohnabschlüsse und die vergleichsweise teure Energie eine grosse Herausforderung dar.
Die Rallye an den Aktienmärkten sollte aufgrund der verstärkten Zinssenkungs-erwartungen im Anschluss an die Sitzungen des FED und der SNB dieser Woche noch eine Weile anhalten. Damit dürften die inzwischen hohen Bewertungen an den Aktienmärkten, vor allem an der Technologiebörse Nasdaq, vorerst in den Hintergrund treten. Der Schweizer Aktienmarkt ist insgesamt als preiswert einzustufen, wobei dies vor allem für die grosskapitalisierten Unternehmen Roche und Nestlé und einige Small-Caps gilt. Andere Titel wie Lonza (+49%), Swiss Re (+23%), Holzim (+21%), Richemont (+19%) oder Givaudan (18%) sind nach starken Kursgewinnen seit Anfang Jahr nicht mehr günstig.
Obligationen: Untergewichtung; kurze und mittlere Laufzeiten bevorzugen, Unternehmensanleihen übergewichten
Aktien: Leichte Übergewichtung; Schweiz, USA und UK übergewichten; Japan, Schwellenländer und Europa neutral gewichten
Währungen: USD/CHF über 0.88 absichern und EUR/CHF über 0.96 absichern
Rohstoffe: Industriemetalle, Energie übergewichten
Edelmetalle: Gold übergewichten; Silber und Platin neutral
Immobilien: Übergewichtung (Anlagestiftungen, Immobilienfonds)
Transaktionen: Aktien: Verkauf SREN, LONN, HOLN ; Obligationen: 1.70% Daetwyler 2029
Sektoren: Übergewichtung Gesundheit, nicht zyklischer Konsum, US Tech-Megacaps
Themen: Basismetalle und Energie
Matthias Wirz, 22. März 2024