Die Aktienmärkte nehmen Fahrt auf

  • Geldpolitische Reaktion des FED auf expansive Fiskalpolitik der Regierung Trump schwierig abschätzbar.
  • Europäische Aktien sind tief bewertet, bei gleichzeitig grösserem Zinssenkungspotential der EZB.
  • Hohe Risikoprämien von teilweise über 5% machen Schweizer Aktienmarkt attraktiv.
Matthias Wirz
«Hervorragend angelaufene Berichtssaison der amerikanischen Unternehmen.» Matthias Wirz, Leiter Anlagestrategie und Vermögensverwaltung, Partner

Im Gegensatz zu den vorhergehenden Berichtswochen zeigten sich die Aktienmärkte in den letzten Tagen von ihrer freundlichen Seite. Mit dem Einzug des neuen US-Präsidenten Donald Trump ins Weisse Haus nahmen die Aktienmärkte Fahrt auf, unterstützt durch eine hervorragend angelaufene Berichtssaison der amerikanischen Unternehmen.

Dabei verzeichneten die Grossbanken aussergewöhnlich gute Ergebnisse, angetrieben vom Investment Banking und dem Zinsergebnis. Auch Netflix lieferte ein Rekordergebnis und gleichzeitig einen optimistischen Ausblick, sodass die Aktie nachbörslich um 15% auf einen neuen Rekordstand anstieg und dem gesamten Technologiesektor Auftrieb gab. Während der Geschäftsbericht und Ausblick von Procter & Gamble überzeugte, lieferten Halliburton und Textron einen vorsichtigen Ausblick. Für den weiteren Verlauf des Technologiesektors und - aufgrund der hohen Gewichtung im S&P 500 - des gesamten Marktes werden in der kommenden Woche die Geschäftsberichte von Meta, Amazon und Apple entscheidend sein. In Anbetracht der hohen Bewertung des S&P 500 sollten die ambitiösen Markterwartungen erfüllt werden, ansonsten droht eine Korrektur.

Aktuelle Situation

Die Regierung Trump verliert keine Zeit und beginnt mit der Umsetzung ihres Wahlprogramms. Zum einen werden Drohungen laut, rasch Importzölle in der Höhe von 10% gegenüber Kanada, Mexiko und China zu erheben, zum anderen sollen auch die Steuern für ausländische Unternehmen und Personen in den USA verdoppelt werden. Hierbei stützt sich die Regierung auf ein 90 Jahre altes Steuergesetz, das diese Handlungsoption bei «diskriminierender Besteuerung» von US-Unternehmen in anderen Ländern darlegt. Klares Ziel dieser Drohung ist die Abschwächung der Besteuerung von grossen Technologieunternehmen in der EU, welche in den letzten Jahren in Form von «Digitalsteuern» in der Höhe von bis zu 3% des Umsatzes belastet wurden. 

Währenddessen ist die geldpolitische Reaktion des FED auf die expansive Fiskalpolitik der Regierung Trump schwierig abzuschätzen. Zwar geht der USD-Geldmarkt unverändert von einer weiteren Leitzinssenkung von 0.25% im Juli aus. Voraussetzung hierfür ist jedoch ein weitergehender Rückgang der Inflationsrate, welche sich in der Kernrate mit 3.3% hartnäckig über der Zielmarke von 2% hält. Werden die Zölle tatsächlich am 1. Februar erhoben, dürfte sich der Spielraum des FED weiter einengen. Möglicherweise wird der Markt dannzumal davon ausgehen, dass das FED in diesem Jahr vollständig auf Leitzinssenkungen verzichtet.


Unsere Empfehlung

In diesem Jahr haben die europäischen Aktienmärkte mit einem Plus von 6% (Eurostoxx) und die Schweiz mit 5.1% (SPI) gegenüber den USA mit +3.5% (S&P 500) und Japan +1.4% (Nikkei) deutlich besser abgeschnitten. Zwar überrascht die Entwicklung angesichts des schwachen Wachstumsausblicks für die Eurozone sowie der im Vergleich zu den USA deutlich niedrigeren Gewinndynamik der europäischen Unternehmen. Es ist davon auszugehen, dass die historisch tiefe Bewertung der europäischen Märkte und das grössere Zinssenkungspotential der EZB institutionelle Anleger weltweit angezogen haben. Diese waren mehrheitlich in Europa untergewichtet und haben nun europäische Aktien in den letzten Wochen zugekauft.

Die weltweit solide Konjunkturlage, das damit verbundene robuste Gewinnwachstum sowie solide Margen der Unternehmen schaffen auch in diesem Jahr ein attraktives Umfeld für Aktienanlagen. Allerdings ist in den USA eine weitergehende Bewertungsausdehnung auf dem bereits historisch hohen Niveau nur bei nachhaltig sinkenden Inflationsraten und dadurch weiteren Leitzinssenkungen des FED zu erwarten. Dagegen finden sich in Europa und vor allem in der Schweiz angesichts des im historischen Vergleich überdurchschnittlichen Bewertungsabschlags von über 40% und demzufolge hohen Risikoprämien von teilweise über 5% nach wie vor attraktiv bewertete Unternehmen, wie z.B. Holcim, Geberit, Novartis oder Roche. 

Taktische Positionierung

Obligationen: Untergewichtung; Ausbau Unternehmensanleihen: 4 - 8jährige Laufzeiten bevorzugen
Aktien: Übergewichtung, USA, UK und Schweiz bevorzugen 
Währungen: USD/CHF über 0.86 absichern und EUR/CHF über 0.96 absichern
Rohstoffe: Industriemetalle, Energie übergewichten
Edelmetalle: Gold übergewichten; Goldminenaktien attraktiv 
Immobilien: Übergewichtung (Anlagestiftungen, Immobilienfonds)
Transaktionen: Aktien: Kauf ABB, GEBN;  Obligationen:  1 1/8% KW Oberhasli 2034
Sektoren: Übergewichtung Technologie, Nicht-Zyklischer Konsum, Gesundheit           

Matthias Wirz, 24. Januar 2025