«Das positive fundamentale Umfeld rechtfertigt eine deutliche Übergewichtung der Aktienanlagen. » Matthias Wirz, Leiter Anlagestrategie und Vermögensverwaltung, Partner
Die Aktienmärkte setzten in der Berichtswoche ihren Höhenflug fort, sodass der Weltaktienindex (MSCI World NR) in den letzten 10 Wochen seit Mitte August insgesamt 8 Wochen mit Kursgewinnen abschliessen konnte. Gleichzeitig werden wiederholt Allzeit-Höchststände erreicht, zurückzuführen auf den starken und dominierenden US-Markt mit seinen hoch kapitalisierten Unternehmen. Dabei stellt sich für viele Anleger die Frage, wie die Höherbewertung mit den akuten geopolitischen Risiken und der vielerorts schwächelnden Konjunktur zusammenpasst?
Der eine Teil der Antwort liefern die fallenden Zinserwartungen, ausgelöst durch die Zinswende der amerikanischen Notenbank (FED) im September. Andere Zentralbanken haben bereits früher mit Leitzinssenkungen begonnen, wie zum Beispiel die Schweizerische Nationalbank im März oder die Europäische Zentralbank (EZB) im Juni.
Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden die genannten Notenbanken den geldpolitischen Lockerungsprozess in den nächsten12 Monaten fortsetzen und dadurch die Bewertung der Aktienmärkte über einen geringeren Diskontfaktor positiv beeinflussen.
Diese Woche hat die EZB zum dritten Mal in kurzer Folge ihren Leitzins von 3.50% auf 3.25% gesenkt, wobei die vorsichtigen Äusserungen von EZB-Präsidentin Lagarde an der Pressekonferenz zur allgemeinen Wirtschaftslage in der Eurozone dahingehend interpretiert werden können, dass eine weitere Verschlechterung des Konjunkturausblicks sogar einen 0.50%-Schritt im Dezember ermöglichen könnte. Angesichts des rasanten Rückgangs der Teuerungsrate auf zuletzt 1.70% ergibt sich für die EZB jedenfalls der Spielraum für einen solchen aussergewöhnlichen Schritt.
Der andere Teil der Antwort wird durch die robusten Konjunkturdaten des US- Dienstleistungssektors gegeben. Die Dynamik der Einzelhandelsumsätze nimmt seit mehreren Monaten zu und auch der Arbeitsmarkt zeigt bisher kaum signifikante Schwächezeichen. Selbst im darbenden Industriesektor sind gemäss dem Einkaufsmanagerindex der Region Philadelphias erste Aufhellungstendenzen feststellbar. Entsprechend signalisiert das Konjunkturmodell des regionalen FED-Ablegers in Atlanta für das vierte Quartal ein Wirtschaftswachstum (BIP) von über 3%.
Zwar hat sich in China das BIP-Wachstum im dritten Quartal leicht von 4.7% auf 4.6% zurückgebildet, lag damit aber zumindest minimal über den Markterwartungen. Zudem haben Einzelhandelsumsatz und Industrieproduktion positiv überrascht, sodass das BIP-Wachstum auch dank der angekündigten Stimulierungspakete in den folgenden Quartalen an Tempo zulegen sollte. Deshalb gewinnt das von uns favorisierte Soft-Landing-Szenario für die Weltwirtschaft weiter an Wahrscheinlichkeit, auch wenn sich die Konjunktur in der Eurozone nahe an einer Rezession befindet. Europas Wachstum dürfte insbesondere durch die notwendige Haushaltskonsolidierung in Frankreich und die Ankündigung der deutschen Regierung, den Krankenkassenbeitrag um 0.8% zum Jahresbeginn zu erhöhen, erheblich belastet werden. Dadurch wird der private Konsum geschwächt, sodass eine Rezession nicht mehr ausgeschlossen werden kann.
Damit dürfte es zu keinem Einbruch der Gewinne kommen wie auch an den jüngsten Quartalsberichten der Unternehmen abzulesen ist. Die im S&P 500 enthaltenen Firmen übertreffen im 3. Quartal bisher die Gewinnerwartungen um ca. 8% und die Umsätze um ca. 2%. Insgesamt haben 79% der Unternehmen mit ihren Ergebnissen positiv überrascht.
In den kommenden Wochen setzen wir aufgrund des beschriebenen positiven fundamentalen Umfelds unverändert auf eine deutliche Übergewichtung der Aktienanlagen. Dabei steht der Technologiesektor im Vordergrund, der mit den «Megacaps» Apple, Microsoft, Meta,..stetig rekordhohe Gewinne und infolge des KI-Booms kräftiges Wachstum verzeichnet.
In der Schweiz sind neben den Versicherungsunternehmen (Swiss Life, Zürich, Baloise und Helvetia) die Titel von Lonza, Richemont, Holzim und ABB interessant. Im Weiteren ist der Kurs von Nestlé auf ein «ausverkauftes Niveau» gesunken, sodass sich die Bewertung auf einem fünfjährigen Tiefststand befindet. Es ist deshalb in den kommenden Wochen mit Anschlusskäufen der internationalen Investoren zu rechnen. |
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Obligationen: Untergewichtung; Ausbau Unternehmensanleihen: 4 - 8jährige Laufzeiten bevorzugen, Durationverlängerung
Aktien: Übergewichtung
Währungen: USD/CHF über 0.86 absichern und EUR/CHF über 0.96 absichern
Rohstoffe: Industriemetalle, Energie übergewichten
Edelmetalle: Gold übergewichten; Goldminenaktien attraktiv
Immobilien: Übergewichtung (Anlagestiftungen, Immobilienfonds)
Transaktionen: Aktien: Kauf iShares S&P 500 Techn. & Inform; Obligationen:-
Sektoren: Übergewichtung Technologie Gesundheit, zyklischer Konsum, Gesundheit
Matthias Wirz, 18. Oktober 2024